Verlustangst – wenn die Angst vor dem Verlassen alles dominiert
Wer liebt, fürchtet, den anderen zu verlieren. Das ist völlig normal und zeigt, wie wichtig uns diese Person ist. Doch was ist, wenn die Verlustangst nicht mehr „normal“ ist? Wenn sie uns und unsere Beziehung zu anderen so sehr belastet, dass sie genau das herbeiführt, was sie so sehr fürchtet: den Verlust?
Verlustangst ist ein Phänomen, das dazu führt, dass wir unsere Beziehung zu anderen systematisch zerstören. Allein aus diesem Grund, gilt es sie zu erkennen und zu überwinden.
Was ist Verlustangst?
Verlustangst ist ein tief sitzendes Gefühl, dass alles andere innerhalb einer Beziehung überschattet. Die Angst, den anderen zu verlieren, ist so übermächtig, dass sie das Denken voll und ganz beherrscht. Menschen, die unter Verlustangst leiden, klammern übermäßig und beschäftigen sich permanent mit der einen Angst vor dem Verlust und damit, wie sie das verhindern können.
Die Verlustangst kann dabei auf unterschiedliche Art zum Ausdruck gebracht werden. Aber immer wirkt sie zerstörerisch.
Der Betroffene ist ebenso unglücklich wie der Mensch, der von ihm bedrängt und in Beschlag genommen wird. Am Ende leidet die Beziehung und droht genau wegen dieser Verlustangst zu zerbrechen.
Anzeichen für Verlustangst ?
Menschen, die unter Angst vor Verlust und unter den Symptomen leiden, klammern meist übermäßig. Sie beschäftigen sich permanent mit dem möglichen Verlust und versuchen, den Partner vehement an sich zu binden. Übermäßige Eifersucht und Kontrollzwang gehen oft mit der Verlustangst einher.
Die Betroffenen fühlen sich ständig unsicher uns stellen häufig alles infrage. Sie fordern übermäßig Aufmerksamkeit und reagieren empfindlich , wenn sie diese nicht permanent im gewünschten Maße erhalten. Sie entwickeln verschiedene Methoden, um den anderen an sich zu binden. Dazu gehören Kontrolle, Drohungen und Wutanfälle ebenso wie möglicherweise Jammern, weinen und übertriebene Unterwürfigkeit.
Wie stark die Verlustangst ausgeprägt ist und wie sie zum Ausdruck gebracht wird, ist sehr unterschiedlich und hängt individuell von dem betroffenen Menschen und die Art der Beziehung ab. Manche Menschen kontrollieren und dominieren den Partner, um ihm keinen Raum für den Verrat und das Verlassen zu geben.
Sie glauben, wenn sie die volle Kontrolle über den anderen haben, laufen sie keine Gefahr ihn zu verlieren. Andere zeigen extreme Unterwürfigkeit und lassen sich manchmal sogar Demütigung und schlechte Behandlung gefallen, nur aus Angst, den anderen zu verlieren. In jedem Fall krankt eine Beziehung an dieser extremen Angst vor Verlust.
Es kann sogar sein, dass Verlustangst körperliche Symptome hervorruft.
Manche Menschen erleiden Herzrasen, Kreislauf- oder Magenprobleme. Es kann zu regelrechten Panikattacken kommen. Konzentrationsstörungen, depressive Verstimmung und Antriebslosigkeit können ebenso aus der übermäßigen Verlustangst resultieren.
Woher kommt Verlustangst? ?
Verlustangst ist auf ein Erleben in der frühesten Kindheit zurückzuführen. In der Regel gibt es einen Fall von Verlust und Verlassenwerden als Ursache. Das Kind hat dieses Verlassenwerden als sehr traumatisch empfunden und hat die Angst, so etwas wieder erleben zu müssen unbewusst gespeichert.
Gleichzeitig hat es nicht gelernt, in einem Moment des Verlusts angemessen mit der Trauer und der Enttäuschung umzugehen. Es fehlte womöglich an Zuwendung, am Verständnis eines Erwachsenen. Es kann sein, dass es niemanden gab, der dem Kind im entscheidenden Moment Kraft und Anleitung gegeben hat, das Geschehene zu verarbeiten.
Mögliche Kindheitstraumen, die unverarbeitet zu einer späteren Verlustangst führen können sind:
- Todesfall in der Familie
- Verlust eines Elternteils
- Scheidung der Eltern
- Auseinanderbrechen der Familie
- Verlassen werden / alleine gelassen werden
Diese tief verwurzelte Angst kann der Betroffene nicht mehr ablegen. Er nimmt sie mit in jede zwischenmenschliche Beziehung und gibt ihr Nährboden, indem er sich der Angst ergibt. Da durch übertriebene Angst vor Verlust viele Beziehungen erst recht zerbrechen, erlebt der Betroffene immer wieder eine Bestätigung, dass diese Angst durchaus realistisch ist.
Das bedeutet, mit jeder zerbrochenen Beziehung kann die Verlustangst größer werden. Der Mensch bewegt sich dann in einer regelrechten Spirale.
Verlustangst bei Kindern
Verlustangst muss es nicht zwingend nur in partnerschaftlichen Beziehungen geben. Beispielsweise leiden Kinder, die bereits Traumata erlitten haben, entwickeln oftmals frühzeitig Verlustangst, die sie auf die Eltern projizieren.
Dann kann es dazukommen, dass das Kind permanent in der Nähe des Elternteils sein möchte , dass es Schwierigkeiten hat, sich zu trennen, beispielsweise wenn es in den Kindergarten oder in die Schule geht, dass es soziale Kontakte meidet, weil es sich von den Eltern nicht trennen will, dass es vielleicht sogar schon weint, wenn ein Elternteil nur kurz außer Sicht ist usw. Bei Kindern äußert sich die Angst vor Verlust durch Weinen, Lustlosigkeit, Unkonzentriertheit und womöglich auch durch aggressives Verhalten.Verlustangst bei Eltern ?
Auch Eltern können in der Beziehung zu ihren Kindern an Verlustangst leiden.
Das ist manchmal der Fall, wenn die Schwangerschaft problematisch war, wenn die Eltern bereits älter sind und nicht mehr mit dem Kind haben rechnen können, wenn das Kind an Krankheiten leidet usw. Aber auch tief sitzende Traumata, die mit dem Kind selbst nichts zu tun haben , können von den Eltern auf ihre Beziehung zum Kind übertragen werden.
In diesem Fall hemmen die Eltern ihr Kind in seiner Entdeckungsfreude. Sie sind überängstlich und lassen das Kind nicht aus den Augen. Sie entwickeln Eifersucht auf jeden, der mit dem Kind in engerer Beziehung steht und fordern von ihrem Kind übermäßige Zuwendung, die das Kind häufig überfordert.
Eltern zu haben, die unter Verlustangst leiden und daher extrem klammern, kann für das Kind eine tief greifende Erfahrung sein, die eine normale Entwicklung schwer möglich macht.
Verlustangst in freundschaftlichen Beziehungen ?
Innerhalb freundschaftlicher Beziehungen kann Verlustangst ebenso auftreten. Auch Freunde können extrem klammern und den anderen zu vereinnahmen versuchen. Eifersucht und Besitzdenken kommt auch in rein freundschaftlichen Beziehungen vor und ist ebenso bedrückend und hemmend.
Auf der anderen Seite gibt es auch Menschen, die so sehr fürchten, alleine gelassen zu werden, dass sie alles für ihre Freunde tun, sich unterwerfen und ausnutzen lassen. Auch darin liegt etwas Ungesundes, das beiden Seiten nicht guttut.
Was kann ich bei Verlustangst tun? ?
Zunächst einmal ist es wichtig, die Angst vor Verlust zu erkennen. Wer an sich selbst ein solches Verhalten wahrnimmt und dies als übermäßige Verlustangst erkennt, ist bereits einen wesentlichen Schritt weiter.
Inwieweit die Verlustangst zu überwinden werden kann, kommt ganz darauf an, wie ausgeprägt sie ist, wie tief das Trauma sitzt und wie sehr es dem Menschen gelingt, dies alles zu verarbeiten. Manchmal reicht es aus, sich der eigenen Angst zu stellen und zu reflektieren.
In den meisten Fällen jedoch ist eine Therapie die einzige Lösung. Es gibt hier viele gute Ansätze, um die tief sitzenden Traumata aufzulösen und zu lernen, die Angst vor Verlust zu überwinden.
Fazit ✅
Trennungsangst bzw. Angst vor Verlust ist schmerzhaft – sowohl für denjenigen, der sie empfindet, als auch für den, der dadurch eingeschränkt und bedrängt wird. Es ist wichtig, diese Angst zu erkennen und etwas dagegen zu tun, um ihr die zerstörerische Kraft zu nehmen. Denn Fakt ist: Wer alles tun will, um einen anderen Menschen nicht zu verlieren, wird genau dieses Szenario herbeiführen.
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